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Foto: Foto: MARKO LIPUŠ, Kratzungen blau, Nr.8, 120x100 cm, 2013 (Detail) | © Bildrecht, Wien 2019
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Foto: Foto: MARKO LIPUŠ, Kratzungen blau, Nr.2, 120x100 cm, 2013 (Detail) | © Bildrecht, Wien 2019

MARKO LIPUŠ | Kratzungen blau

Bildraum 01

12. Mai 2016 bis 10. Juni 2016

In der Ausstellung im Bildraum 01 hebt der Fotograf Marko Lipuš die Tradition der Unverletzlichkeit fotografischer Oberflächen auf und wendet sich gegen das Negativ als Beweismittel der Authentizität. In seinem Arbeitsprozess mit Messer, Schere, Nagel und Sandpapier zur Hand, zerschneidet, zerkratzt und bricht Lipuš seine Fotografien und bahnt sich so einen Weg abseits der Normen seiner Kunst. Traditionell gilt für die Oberfläche eines Lichtbilds die Unversehrtheit, denn der ästhetische Anspruch will eine makellose Abbildung als Resultat des eingefangenen Moments. In „Kratzungen“ verzichtet Lipuš auf die materialgetreue Behandlung und nutzt die klassischen Endprodukte der Fotografie, Negativ und Print, als Rohmaterial für weitere Bearbeitungsschritte.

Kreuz und quer überzieht er das Negativ mit rasch gezogenen, unsauberen Schnitten, die sich entweder chaotisch oder konzentriert zu netzartigen Geflechten auf einer blauen Bildfläche zusammenfinden. Stellenweise weiten sich die Kratzer zu tiefen, rostbraunen Furchen, die sich wie Schürfwunden in die Ruhe des Hintergrundes graben. So brutal Marko Lipuš’ Umgang mit der lichtempfindlichen Schicht anmutet, so feinfühlig präsentieren sich die ausgestellten Arbeiten. Die hinterlassenen Kerben und dünnen Haarrisse erinnern an Schraffuren einer Radierung, an zarte Zeichnungen, die wider Erwarten nicht das Fotopapier perforieren, sondern eine intakte Oberfläche überziehen. Bis dato hat der Fotograf seine Eingriffe in einem finalen Schritt wieder in die Ordnung des Bildes eingegliedert. Dennoch sind durch die Kratzungen und mehrmaligen Bildteilungen optisch Lücken entstanden, die als Irritationen den künstlerischen Gestaltungsprozess in den Fokus rücken.

Marko Lipuš beschäftigt sich in Kratzungen blau mit der Aneignung von Bedeutungen, mit ihrer Fragmentierung und der schlussendlichen Gegenüberstellung der entstandenen Bruchstücke. Das einzelne Fragment erlebt bei ihm einen Bedeutungszuwachs und verführt den Betrachter dazu neue Verbindungen zu konstruieren. Aufgenommen am Gelände einer ehemaligen Baumwollfabrik, oszilliert die Serie zwischen Abstraktion und surrealer Landschaft. Durch die analogen Verfahren, digitalen Prozesse und mechanischen Interventionen, die das Rohmaterial bis zu seiner endgültigen Version durchlaufen hat, ist der ursprüngliche Ort nur mehr als Referenz wahrnehmbar. Lipuš breitet eine dunstige, karstige Ebene vor dem Betrachter aus, legt eine distanzierende Patina über das Bild und lenkt den Blick auf zerklüftete Spalten, oxidierte Monolithen und das blasse Blau des Horizonts.

Mit den im Bildraum 01 ausgestellten Arbeiten wagt er auf mehreren Ebenen eine Öffnung der oftmals in absoluten Kategorien standardisierten Fotografie. Marko Lipuš wendet sich gegen die Unversehrtheit der Oberfläche und lädt den Betrachter dazu ein, in den Tiefensog seiner abstrakten Raumillusionen einzutauchen und sich zwischen den einzelnen Bildfragmenten, im Nirgendwo, zu verlieren. 

Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage von Marko Lipuš

Ausstellungsdauer: 13. Mai - 10 Juni 2016